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Coronavirus und die Folgen im Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Mit der Verbreitung des Coronavirus stellen sich einige wichtige Fragen im Zusammenhang mit bestehenden Arbeitsverhältnissen, wie z.B. die Folgenden:

Darf man aus Angst vor Ansteckung mit dem Coronavirus der Arbeit fern bleiben?

Ein Leistungsverweigerungsrecht besteht nur dann, wenn dem Arbeitnehmer die Erbringung seiner Arbeitsleistung gemäß § 275 Abs. 3 BGB unzumutbar ist. Eine solche Unzumutbarkeit wäre z.B. dann gegeben, wenn die Aufnahme der Arbeit für den Arbeitnehmer eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Dies muss im Einzelfall beurteilt werden. Ein Husten der Mitarbeiter dürfte nicht ohne Weiteres zu einem Leistungsverweigerungsrecht führen.

Darf man von zuhause aus arbeiten?

Eine solche Möglichkeit ist prinzipiell mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Ein gesetzlicher Anspruch diesbezüglich existiert nicht. Ein individueller Anspruch könnte sich aber aus dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben.

Muss man Überstunden leisten?

Eine Pflicht zur Leistung von Überstunden kann sich aus dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag ergeben. Darüber hinaus kann auch eine Nebenpflicht zur Erbringung von Überstunden bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn ohne die geleisteten Überstunden dem Arbeitgeber ein Schaden droht, der auf andere Weise nicht vermieden werden kann. Kommt es z.B. aufgrund von Erkrankungen zu Personalausfällen, kann die Leistung von Überstunden als Nebenpflicht bestehen.

Was passiert, wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr zur Arbeit kommt?

Das Wegerisiko, also das Risiko des Arbeitnehmers, dass er zum Betrieb als seinem Arbeitsort gelangt, trägt der Arbeitnehmer. Kann der Arbeitnehmer nicht an seinen Arbeitsort gelangen, weil öffentliche Verkehrsmittel nicht fahren, hätte er auch grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung seines Arbeitslohns.

Kann man zuhause bleiben, wenn die Betreuung eines Kindes nicht anders sichergestellt werden kann?

Zunächst muss der Arbeitnehmer alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um die Kinderbetreuung sicherzustellen. Ist dies dennoch nicht möglich, und ist dadurch die Leistungserfüllung dem Arbeitnehmer unzumutbar (§ 275 Abs. 3 BGB) steht dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Urlaub muss nicht zwingend genommen werden. Ob ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgeltes für den Arbeitnehmer besteht, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden. Ein solcher Anspruch kann sich z.B. aus § 616 BGB ergeben. Allerdings besteht dieser Anspruch laut Gesetzestext nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit. Beachtet werden muss dabei auch, dass der Anspruch gemäß § 616 BGB durch arbeitsvertragliche Vereinbarungen oder Tarifvertrag ausgeschlossen oder eingeschränkt sein kann.

Unter Quarantäne – bekommt man weiterhin Lohn?

Auch hier gilt wieder § 616 BGB. Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer weiterhin die Vergütung, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in der eigenen Person liegenden Grund ohne eigenes Verschulden an der Dienstleistung gehindert ist. Die Rechtsprechung hat bislang einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen als eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit angesehen. Dieser Zeitraum entspricht auch dem Entgeltfortzahlungszeitraum. Auch hier ist wiederum zu beachten, dass die Regelung aus § 616 BGB durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ausgeschlossen oder eingeschränkt sein kann. Fraglich ist auch, ob eine Epidemie oder Pandemie einen persönlichen Hinderungsgrund darstellt. Sollte hier kein Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber bestehen, besteht gegebenenfalls ein Entschädigungsanspruch gegenüber dem Staat nach § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz. Der Arbeitgeber muss in Vorleistung treten, kann aber die Erstattung der Lohnzahlung bei der zuständigen Behörde beantragen. Für selbst am Coronavirus erkrankte Arbeitnehmer besteht der normale Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Bekommt man weiterhin Arbeitsentgelt bei einer vorübergehenden Betriebsschließung oder Betriebsstörung?

Prinzipiell muss der Arbeitgeber Arbeitsentgelt zahlen, wenn die Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit sind. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer aus Gründen nicht beschäftigen kann, die in seiner betrieblichen Sphäre liegen. Kommt es also zu zahlreichen Erkrankungen und damit einhergehenden Personalausfällen und muss der Arbeitgeber daraufhin die Betriebstätigkeit vorrübergehend einstellen, so liegt dies im betrieblichen Risiko des Arbeitgebers . Entgelt muss fortgezahlt werden. Im Einzelfall kann sich etwas anderes ergeben.

Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen?

Bei unvermeidbaren Arbeitsausfällen kann der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen und bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigen. Ein unvermeidbarer Arbeitsausfall kann durch Lieferschwierigkeiten entstehen, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus bestehen oder auch durch Betriebsschließungen, die behördlich angeordnet sind. Die Voraussetzungen für die Beantragung von Kurzarbeitergeld sind Gegenstand eines weiteren Artikels.

 

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Veröffentlicht: 18.03.2020

© BFS Anwälte Kassel
Datum des Ausdrucks: 16.04.2024